„Es ist klar, dass die Fremdsprachenförderung in der Schule schwieriger wird, wenn die Stunden, die zur Verfügung stehen, weniger werden. Es ist auch klar, dass die Wichtigkeit der Fremdsprachen täglich zunimmt,“ sind die ersten Worte von Pompilia Lemperle, als ich sie auf die Fremdsprachenförderung anspreche. Sie unterrichtet Französisch und Englisch an der Hoffmann-von-Fallersleben-Schule.
“Einerseits wollen alle Kreativität als Erziehungsziel, andererseits aber werden die Lehrgänge in den Fremdsprachen im Sekundarbereich I überwiegend von den Lehrwerken bestimmt. So bleibt wenig Raum für einen individuellen oder kreativen Umgang mit der Sprache. Aus diesem Dilemma herauszuhelfen, ist das Ziel vieler meiner Bemühungen, die besonders im AG-Bereich stattfinden. Allerdings, bevor sie kreativ sein können, müssen die Schülerinnen und Schüler Vokabeln, Aussprache und Grammatik einigermaßen beherrschen. Das ist bekanntlich mit Anstrengung, Kontinuität und Disziplin verbunden. Ich bedauere, dass manche Anfänger das Handtuch werfen, sobald sie mehr arbeiten müssen, als sie sich vorgestellt hatten, wie das Beispiel unserer Italienisch-AG gezeigt hat.
Es gibt aber auch genügend positive Bespiele an unserer Schule. Am Bundeswettbewerb Fremdsprachen als Teil des Begabtenförderungsprogramms der Bundesregierung nehmen jährlich mehr als 20 000 junge Menschen teil. Im Gruppenwettbewerb werden die Besten zunächst auf Landesebene ausgezeichnet und die Allerbesten zum Spachenfest eingeladen. Unsere Gruppen waren schon sieben Mal die Allerbesten in der Bundesrepublik. Außerdem feierten enthusiastische Schülerinnen und Schüler aus dem Sekundarbereich I im Rahmen des Fremdsprachentheaters viele Erfolge und merkten, wie sie dabei immer sicherer in der Fremdsprache wurden,“ beschreibt Pompilia Lemperle ihre Erfahrungen.
Sie selbst spricht einige Sprachen und es ist kein Geheimnis, dass sie schon sehr früh (im Alter von vier Jahren) angefangen hat, sich für Fremdsprachen zu interessieren. “Meine Eltern haben mich zuerst dazu animiert. Die Musik, das Theater und fähige Lehrer haben mir später den Weg zu neuen Fremdsprachen geebnet,“ erzählt die temperamentvolle Frau mit der tollen Stimme.
Wie sich Dynamik entfaltet
Schüler an einem Braunschweiger Gymnasium produzieren fremdsprachige Videofilme
Fremdsprachen können mehr sein, als stures Vokabeln- und Grammatikpauken.
Warum nicht mal kleine Szenen auf französisch proben und darbieten ?
So lernt sich´s leichter – und wirft nebenbei auch einen Preis ab.
Einerseits wollen alle Kreativität als Erziehungsziel, andererseits aber dominieren Kognition und Wissenschafts-
propädeutik die Arbeit am Gymnasium. Systematisches Kreativitätstraining ist kaum vorgesehen. Im Sekundarbereich I werden Lehrgänge in den Fremdsprachen überwiegend von den Lehrwerken bestimmt. So bleibt wenig Raum für einen individuellen oder kreativen Umgang mit Sprache. Aus diesem Dilemma herauszuhelfen, war das Ziel meiner Bemühungen, die ich im Folgenden darstelle.
Im Schuljahr 1993/94
habe ich zum ersten Mal mit einer 7. Klasse im französischen Anfangsunterricht am Bundeswettbewerb Fremdsprachen teilgenommen. Seitdem begleite ich dabei jedes Jahr Schülergruppen unserer Schule mit respektablen Ergebnissen.
Das Erfolgsrezept beruht auch darauf, dass die Schulleitung die Teilnahme erfreulicherweise als ein wichtiges, den Unterricht erweiterndes Vorhaben fördert und durch zusätzliche – leider jedoch nicht hinreichende – Zeitdeputate unterstützt. So ist pädagogische Leidenschaft gefragt, mit der man sich in den Dienst einer als wichtig erkannten Sache stellt : der Kreativität. Das erfordert nämlich weitaus mehr Zeit, als die Schule zu geben vermag, um in einer entspannten Atmosphäre spielerische Lernverfahren zu erproben, die Musikalität als unterstützendes Lernprinzip zu fördern, die Rolle der Körpersprache als Teil der Kommunikation bewusst zu machen, die Eigenproduktion von Texten anzuregen, Aussprache und Rezeptionsfähigkeit zu trainieren und so bei erfolgreichem Vorankommen das Selbstbewusstsein der Schülerinnen und Schüler zu stärken.
Schon zu Beginn der Arbeit im Schuljahr 1993/1994 wurde deutlich, dass es möglich ist, Kinder – vor allem in dieser Altersstufe – für die Realisierung eines gemeinsamen Zieles dauerhaft zu begeistern. Es ging um den Entschluss, eine etwa fünfzehnminütige Videoproduktion in französischer Sprache zu erstellen. Da klar war, dass am Ende alle Beteiligten Verantwortung für das Resultat zu tragen hatten – und nicht ich als Lehrerin allein -, fühlten sich auch alle eingebunden in die Aufgabe und in die sich daraus ergebenden Verpflichtungen. Und diese reichten von der Themenfindung über den Zuschnitt der Szenen, die Rollenverteilung, die sprachliche Arbeit, die theater- und aufnahmetechnischen Aufgaben bis hin zur Präsentation und zum Versand des Ergebnisses. Eine breite Palette also, die es letztlich ermöglichte, die Schülerinnen und Schüler einer Klasse entsprechend ihren individuellen Fähigkeiten auf ein Ziel hin zu konzentrieren.
Wir arbeiteten mit dem Lehrbuch „Échanges“, édition longue 1 (Klett), mit ausreichendem Material für die geplante Szenenfolge, Themen wie „au marché“, „au café“ oder „au collège“ konnten so problemlos szenisch dargestellt werden. Wir begannen damit, Minidialoge nach dem im Lehrbuch vorgegebenen Muster zu schreiben. Nützlich beim Variieren des Spracherwerbs waren die didaktischen Lieder des Bandes „En chantant“ (Klett). Ich fand so bestätigt, dass Singen diese Aufgabe deutlich erleichtert, emotionale Aktivierung bewirkt und schließlich eine positive Gruppendynamik unterstützt. Und nicht zuletzt fördert es das Gefühl für Rhythmus und Intonation der Fremdsprache.
Die Aufnahme des Beitrags wurde schließlich als Folge von zehn einfachen kleinen – absurden – Szenen mit dem Titel „La vie en 2222“ nach dreitägiger Dreharbeit technisch abgeschlossen. Die Anforderungen an mich als betreuende Lehrkraft waren hoch, da gleichzeitig gefilmt, Regie geführt und Sprachkorrektur betrieben werden musste.
Der Gewinn des Bundespreises im Bundeswettbewerb Fremdsprachen war für alle Beteiligten als direkt bestätigende Anerkennung genauso wichtig, wie die damit verbundenen weiterführenden Einsichten: Eine Klasse hatte ihre erste positive Erfahrung im darstellenden Spiel gemacht, neue Lernstrategien kennen gelernt und schließlich Freude und Stolz nach einer gelungenen, nur als Gruppe zu erbringenden Leistung erlebt.
Getragen vom Erfolg entschied sich die gleiche Klasse ein Jahr später (1994/1995) für eine zweite Bewerbung. Diesmal sollte die zweite Lektion des Lehrbuchs „Échanges“ 2 - „Les chats des Montmartre“ zu einer dramatischen Tiergeschichte umgestaltet werden. Besondere Freude am Verkleiden, Schminken, Spielen und Singen bestimmte die Vorbereitungen. Die Videoaufnahme überzeugte durch ihre Lebendigkeit und Originalität, sodass auch dieser Beitrag mit einem ersten Preis beim Bundeswettbewerb ausgezeichnet wurde.
Ein Preis macht Lust auf mehr
Der Enthusiasmus trug die Klasse auch noch im Schuljahr 1995/1996, sodass gleich zwei Beiträge produziert werden sollten: ein französischer und ein englischer. Die Arbeit daran lief parallel ab und verlangte viel Ausdauer; Proben am Wochenende waren selbstverständlich. Das Vorhaben gelang mit den Videofilmen „La vie est un rêve“ und „The Life and Death Show“. Aufgrund der vorherigen positiven Bestätigungen stellten die Schülerinnen und Schüler nunmehr immer höhere Anforderungen an sich selbst. Eine sich nach mehrjähriger Erfahrung selbst tragende Dynamik war unverkennbar. Zum dritten Mal erhielt die Klasse einen ersten Preis auf Bundesebene mit „La vie est un rêve“. Der englische Beitrag „The Life an Death Show“ wurde mit einem Preis auf Landesebene ausgezeichnet. Als besondere Anerkennung erfolgte die Einladung der Gruppe zum Sprachenfest nach Erfurt und nach Weimar. Dort errang sie mit ihren Wettbewerbsbeiträgen vor anspruchsvollem Publikum und einer kritischen Jury zusätzlich den Preis für die beste Bühnendarstellung.
Die Teilnahme dieser engagierten Gruppe am Fremdsprachenwettbewerb endete 1996/1997 mit dem Landespreis für „Sur le pont entre la vie et le théâtre“. Nunmehr im zehnten Jahrgang, mussten sich die Schülerinnen und Schüler sozusagen aus Altersgründen von ihrer „erfolgreichen Karriere“ verabschieden, die sie im Laufe des Sekundarbereichs I in ihrer Sprachentwicklung sehr stark gefördert hatte.
Als betreuende Lehrerin blieb ich auf dem eingeschlagenen Weg. Ich musste dabei aber mit einer neuen 7. Klasse zunächst erfahren, dass nicht alle Schülergruppen zu Beginn der Arbeit in gleicher Weise mitgerissen werden können, wenngleich auch diese Gruppe am Ende einen Preis auf Landesebene im Fremdsprachenwettbewerb errang. Nach dieser Auszeichnung veränderte sich allerdings zu meiner großen Freude die Motivation der Schülerinnen und Schüler in positiver Art und Weise, sodass die Klasse mit der Produktion „L' ímpossible est possible“ 1998/1999 sogar einen Bundespreis gewann und außerdem zum Bundessprachenfest nach Paderborn eingeladen wurde.
Gegenwärtig arbeite ich mit Schülerinnen und Schülern aus drei Klassen der Jahrgänge 7 und 8 der Hoffmann-von-Fallersleben-Schule. Ziel dieser sehr heterogenen Gruppe ist es, ein Video über Missbrauch von Gewalt zu erstellen. Welche Probleme, aber auch welche pädagogischen Chancen sich aus dieser Konstellation ergeben, wird sorgfältig zu beobachten und auszuwerten sein. Eine neue weiterführende Herausforderung ist es in jedem Fall für alle Beteiligten.
Die Erfahrungen der letzten Jahre belegen aber eindeutig, dass die bisherige Arbeit darin erfolgreich war, die intrinsische Motivation zu erhöhen und das Selbstvertrauen sowie die Belastbarkeit in der Gruppenarbeit zu stärken. Und nicht zuletzt wurden so die kommunikative Kompetenz in der Fremdsprache und das Verständnis für fremde Kulturen als wichtigste Ziele des Fremdsprachenunterrichts in hohem Maße gefördert.
Autorin
OStR´n Pompilia Lemperle
Hoffmann-von Fallersleben-Schule
Braunschweig
Erschienen in der Zeitschrift:
„Beispiele, in Niedersachsen Schule machen“, 18. Jahrgang, März 2000
unsere erzielten Preise :
1994: BUNDESPREIS ( Französischer Film:<< La vie en 2222>>)
1995: BUNDESPREIS (Franz: <<L'amour est le plus beau cadeau de la vie>>)
1996 : BUNDESPREIS und SONDERPREIS für die BESTE LIVEDARSTELLUNG
beim Sprachenfest in Erfurt und Weimar ( Franz: <<La vie est un rêve>>)
1996: LANDESPREIS (Engl: "The Life and Death SHOW")
1997: LANDESPREIS (Franz: <<Sur le pont entre la vie et le théâtre>>
1998: BUNDESPREIS (Franz: << Qui dit ca ?>>)
1999: BUNDESPREIS und SONDRPREIS "ROLF DANNER" für die Förderung der Völkererständigung
(1000 DM!) (Franz: << L'impossible est possible>>)
2000: LANDESPREIS (Franz: <<Voisins-Voisines ou NON à l'indifférence>>)
2001: Teilnahme am Wettbewerb <<Grand Concours de la Chanson>>, PARIS, TV5.
2002: BUNDESPREIS, SONDERPREIS der SCHÜLERJURY und zum 2. Mal den ROLF DANNER SONDERPREIS
für die Förderung der Völkerverständigung (500 Euro) (Engl. Film: Thema: Terror in New York)
2003: LANDESPREIS (Franz:<< Achetez mes gènes>> :Kauft meine Gene)
2004: Teilnahme am Wettbewerb TV5, Paris, mit der Klasse 7b, Thema << Votre ville au centre du monde>>
(Eure Stadt in der Mitte des Universums)
2005: LANDESPREIS (Engl: "Where are you ?")
THEATER:
1989: "AN INSPECTOR CALLS" , 5 Vorstellungen in Braunschweig, eine Vorstellung in BATH, England, (unsere
Partnerstadt), und eine Vorstellung in Frankreich, BURY. (Was für ein Aufwand!)
1992: THREE ONE ACT PLAYS, Vorstellungen in unserem Thaterraum und im Rahmen der SCHULTHEATERWOCHE
in Braunschweig.
1996: "ARSENIC AND WINEGUMS" 5 Vorestellungen in der HvF
2003: "HAMLET" von William Shakespeare, in einer verkürzten Fassung und, natürlich, in englischer Sprache,
6 Vorstellungen.
|